24. Februar

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Finisher am Reusslauf in Bremgarten

Seit ca. 2 Jahren gehört Nordic Walking zu meinen Sportarten. Angesteckt von Nelly, habe ich mich damals spontan zu einem Kurs bei Michi vom Walsersport in Brugg angemeldet und bin seither begeistert von dieser Sportart. Zu Beginn zog es uns einmal die Woche nach der Arbeit und nur bei schönem Wetter mit unseren Stöcken raus. Seit Oktober letzen Jahres bin ich nun aber intensiver am trainieren, da ich damit auch klare Ziele verbunden habe. Drei Mal pro Woche bin ich seither unterwegs, in 60 oder 90 Min. Etappen, egal bei welchem Wetter oder Temperatur. Mal mit mittlerem Tempo, mal mit intensivem Tempo, eben aus oder mit Steigungen am Altberg. Meistens nach der Arbeit oder wenn’s nicht anders geht, dann halt davor. Dies führt dann schon mal dazu, dass ich um fünf Uhr aufstehe und mit Stirnlampe los ziehe.

Bis anhin war es ja saisonbedingt immer dunkel und kalt. Nun kommt langsam der Frühling und es bleibt länger hell. Das macht das Training noch interessanter und abwechslungsreicher. Obwohl das Training am frühen Morgen sein ganz besonderer Reiz hat. Der Tag erwacht langsam, am Horizont wird es bereits langsam hell, die Vögel beginnen ihr Morgenlied zu anzustimmen und mindestens im Moment noch, kann man im Südwesten Jupiter und Venus gut beobachten. Der ganze Februar verwöhnte uns ja mit absolut klaren, sonnigen und trockenen Tagen.

Training ist gut und recht, irgendwann muss und will man aber auch wissen wo man damit steht. Der Reusslauf in Bremgarten bot sich dafür in idealer Form an. Also habe ich mich für die Kategorie Nordic Walking mit einer Streckenlänge von 11Km angemeldet und mir zum Ziel gesetzt, meine Leistung zu messen. Aufgrund der letztjährigen Rangliste im Internet wusste ich bereits, dass der schnellste Nordic Walker die Strecke in knapp 65 Min. schaffte. Das ist eine enorme Leistung und für mich schon fast nicht vorstellbar. Nun gut, mein Ziel war ja auch nicht den schnellsten zu schlagen, sondern die Strecke unter 90 Min. zu schaffen und im vorderen Drittel rangiert zu werden.

Überschüssiges Material konnte während dem Lauf in der Turnhalle deponiert und die Wertsachen am extra dafür vorgesehenen bewachten Stand abgegeben werden. Nun hiess es aber, mich langsam vorzubereiten für den Lauf. Ein paar Dehnübungen und dann versuchen eine gute Startposition im Feld zu bekommen. Ein Streckenposten meinte auf meine Frage zwar, der Startplatz spiele keine Rolle, da die Zeitmessung individuell beginnt beim durchschreiten der Startlinie. Schliesslich haben die Startnummern alle einen individuellen Chip integriert. Denkste, darauf verlasse ich mich sicher nicht und ich sollte auch Recht bekommen. Mindestens sah ich im Moment noch nichts dergleichen am Start, was wie eine Zeitmessung aussah. Egal, eh zu spät, da sich etliche Läufer vor mir bereits positioniert haben und nicht den Anschein machten, mir Platz zu machen. „Dann muss ich euch halt auf der Strecke überholen,“ ist meine neue Strategie, die dann zum grössten Teil auch aufgehen sollte.

Der Starter zählte langsam runter auf null und schoss mit seiner Startpistole in die Luft. Los ging’s, allerdings zuerst langsam und dann immer schneller. Wie vermutet, gab es zuerst ein Chaos, denn die hinteren standen den vorderen auf die Stöcke und wenn man so mitten drin im Feld ist, ist ein Überholen dann noch recht schwierig, ohne über die zahlreichen Stöcke und Füsse der anderen zu stolpern. Doch plötzlich machte sich eine Lücke auf und ich konnte an den rechten Rand und von dort aus in meinem Tempo das Feld überholen. Die Spitze ist allerdings bereits recht weit vorne. Unterwegs traf ich überraschend einen Arbeitskollegen am walken und wechselte kurz ein paar Worte mit ihm, um ihm danach meinen Rücken zu zeigen;-).

Bis jetzt lief es gut und ich war selber erstaunt ab meinem Tempo. "Hoffentlich kann ich das durchziehen bis ins Ziel und breche nicht ein“ waren meine Gedanken, schliesslich ist es mein erster Wettkampf in diesem Stil und ich kenne meine Leistungsgrenzen noch nicht. Die asphaltierte Strecke bog plötzlich in einen Feldweg ab und das hiess nun die Gummipfropfen von den Stöcken abziehen und in den Sack nehmen. Auf dem unbefestigten Grund greifen die gehärteten Stahlspitzen besser als der Gummi. Nicht jeder Läufer schaffte diese leichte Übung, einem der direkt vor mir war fielen sie zu Boden und er wollte ihnen nachspringen. Für mich war das nicht logisch, denn ein Paar kostet gerade mal CHF 10.-, muss sowieso von Zeit zu Zeit ersetzt werden und dann kommt auch noch der Zeitverlust und Rythmusunterbruch im Wettkampf dazu. Aber jeder wie er will und kann, dafür habe ich wieder einen hinter mir lassen können.

Die nächsten 5 - 8 Läufer holte ich in diesem Waldstück ein und ärgerte mich bei einzelnen von ihnen, dass sie sich nicht für eine Seite des schmalen Weges entscheiden konnten. So musste auch ich mich immer wieder anpassen um zum überholen anzusetzen. Doch ich schaffte sie und brachte sie hinter mich. Schon kam der erste Verpflegungsposten auf die ich mich verliess und deswegen keine eigene Verpflegung mitführte, was sich allerdings noch als falsches Vertrauen herausstellen sollte. Der Verpflegungsposten war nur ein Getränkeposten und auch das machte er nicht richtig. Ich schnappte mir einen Becher Wasser im schnellen Tempo und wunderte mich, dass da gerade mal ein halber Deziliter Wasser drin war. Mist, aber nun ist es zu spät, denn umkehren liegt nicht drin. Es kommt zudem noch ein zweiter Posten. Vielleicht gibt es da mehr und ev. sogar ein paar Kohlenhydrate in Form von einem Stück Banane. Übrigens ist das üblich bei solchen Wettkämpfen.

50m vor mir lief eine vierer Gruppe die enorm schnell unterwegs waren. "Die will ich auch noch einholen,“ sagte ich mir und konzentrierte mich darauf. Schritt für Schritt kam ich ihnen näher und schaffte irgendwann die hinteren beiden. Mittlerweile waren wir bei Km 6 angelangt und die Beine waren schon recht schwer. Noch stehen 5Km bevor in diesem Tempo und vor mir sah ich auch noch einige Läufer, die ich versuchen wollte einzuholen.

Wir kamen auf den zweiten Getränkeposten zu, die Läufer direkt vor mir gingen auf die linke Seite des Getränkestandes also zog ich die rechte vor. Da stand ein kleiner Junge mit einem Becher in der Hand und diese streckte er mir stolz entgegen und rief Wasser. Ich nahm den halbvollen Becher entgegen, trank ihn sofort aus um gleich dahinter nochmals einen zu schnappen. Dadurch gab’s mehr Wasser als beim ersten Posten, aber immer noch zu wenig.

Nach dem Getränkeposten kam ich den Läufern vor mir zwar näher, aber überholen konnte ich sie dennoch nicht. Direkt vor mir ein Mann und vor ihm eine Frau, beide so gross wie ich und mit grossen, schnellen Schritten unterwegs. Ich hoffte, dass sie vielleicht einmal einbrechen würden und ich sie dann überholen könnte, aber weit verfehlt. Stattdessen hatte eher ich Mühe. Ab Km 9 kamen ein paar Steigungen und die hatten es richtig in sich. Sie waren nicht mal sonderlich steil, aber meine Beine und Füsse waren schwer wie Blei. Mein Kopf wollte schneller, aber die Beine definitiv nicht. Ok, Bremgarten kommt immer näher und ich ahnte ja, dass ich gut unterwegs war. Dann die Tafel Km 10, nun ist es nicht mehr weit, nur noch den letzten Kilometer, "komm das schaffst du,“ waren wieder meine Gedanken. Ab der Tafel "noch 500m" waren Leute auf der Strecke. Normale Spaziergänger mit ihren Kinderwagen. Die grösseren Kinder spornten uns an und das tat echt gut. Dann kam der Einlauf in das Städtchen Bremgarten, gesäumt von Zuschauern rechts und links der Strasse. Vor mir immer noch der gleiche Läufer, nur 10m, aber ich konnte einfach nicht aufschliessen. Dann ca. 20m vor dem Ziel passierte ihm ein Malheur. Er kam mit seinem Stock in einen Abwasserschacht und blieb hängen. Ich witterte meine Chance, da er aber ebenfalls mit Tempo unterwegs war, blieb er gar nicht stehen, sondern riss einfach am Stock. Sein Teleskopstock sprang in der Folge auseinander. Den Griff fest in der Hand und der untere Teil des Stocks flog mir entgegen, aber er lief weiter, vor mir ins Ziel.

Ziemlich erschöpft und ausgebrannt im Ziel angekommen, war die Freude über das erreichte Ziel bei mir riesig. Mit der Frau die vor mir lief wechselte ich noch ein paar Worte im Zielgelände und erfuhr so von ihr, dass sie letztes Jahr an 28 Läufen dieser Art teilgenommen hatte. Kein Wunder konnte ich sie nicht einholen.

Mit einer Zeit von 1:22:03,9 belegte ich auf der 11 Km langen Strecke den 23. Rang von 205 Teilnehmern. Meine beiden Ziele waren also erfüllt und ich kenne nun meine Leistungsgrenzen.

 

 

www.reusslauf.ch