Basel - Lugano
 
 
 
 
 
 
 
 

 

     
30. Juli

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Tourbericht Nord-Süd Route Nr. 3

Allgemein
Nach langer Vorbereitung war es nun endlich soweit. Vom 25. - 30. Juli 2010 waren wir auf der Nord - Süd Route unterwegs. Genauer gesagt, von Basel via Gotthardpass nach Lugano.

Vor dem Start zeichnete sich ein heisser und intensiver Sommer ab, mit Temperaturen um die 35 Grad. Eine anstrengende Velotour bei diesen Temperaturen müsste nicht sein und so hofften wir auf kühleres Wetter. Rechtzeitig zum Start geschah dem auch so und der Wetterwechsel brachte milde Temperaturen um die 22 Grad, Wolken und zeitweise Regen. Bis auf den Regen soweit perfekt, aber dafür waren wir auch entsprechend gerüstet.

Für die Übernachtungen setzten wir auf dieser Tour hauptsächlich auf die Schweizer Bauern und ihr Angebot von "schlafen im Stroh". Nur im Tessin gönnten wir uns ein einfaches Hotelzimmer für die letzte Übernachtung. Damit wir möglichst leicht die 3600 Höhenmeter zurücklegen konnten, griffen wir für den Gepäcktransport auf die Dienste von "Swiss Trails". Am Morgen holten sie unseren Koffer ab und am Nachmittag war er bereits am nächsten Zielort. Beides hat reibungslos funktioniert, wofür wir natürlich dankbar waren. Alle Strohlager können wir empfehlen, die Standorte in Stans, Erstfeld und Andermatt besonders.

Unterwegs hatten die Jungs nur eine kleine Satteltasche mit Riegel und Flickzeug dabei. Ich hatte zusätzlich eine Gepäckträgertasche und einen Rucksack dabei mit dem notwendigsten Material für unterwegs.

Allgemein hat alles bestens funktioniert, vielleicht auch dank der detaillierten Vorbereitung. 350 Km quer durch die Schweiz in sechs Tagen, ohne eine einzige Panne und Sturz. Ohne absteigen zu müssen bei den Passfahrten und ohne grössere Regenfahrten.

Etappe 1
Strecke: Basel - Stüsslingen
Distanz: 51 km
Dauer: 3 Std. 11 Min.

Im Schatten der Autobahnbrücke machten wir uns am Rheinufer bereit. Veloschuhe montieren, Riegel verpacken und Abschied nehmen. Noch einmal posieren für die Fotografin und das obligate Foto "vorher". Kurz darauf ging es los, immer den roten Veloschildern mit der Nr. 3 entlang. Schon heute stand ein erster Test in Form von steilen 370 Höhenmetern über den Jura bevor. Vorher ging die Route allerdings noch an den bekannten Chemiemultis in Pratteln vorbei, durch Liestal und Gelterkinden und dann in die Hügel. Mit langsamerem Tempo, aber immer vorwärts pedalten wir vier selbstbewusst hoch. Ab und zu eine kurze Verschnaufpause um dann die nächsten Höhenmeter in Angriff zu nehmen. Oben angekommen nutzten wir den Ausblick ins Mittelland um eine Rast einzulegen. Schliesslich folgte nun nur noch die ebenso steile Abfahrt nach Stüsslingen. Für uns die verdiente Belohnung nach dem Aufstieg. Selbstverständlich haben wir das alle entsprechend genossen. In Stüsslingen mussten wir nur noch den richtigen Weg erwischen und zum Gugenhof fahren. Der Gugenhof ist uns noch bestens in Erinnerung von der grossen Velotour aus dem Jahr 2008. Senta die Hofhündin, einige Katzen und Ziegen erwarteten uns bereits. Ebenso Frau Käser die uns sogleich den Koffer brachte. Frisch gepflückte Kirschen verkürzten uns die Zeit bis zum Nachtessen auf der Terrasse. Mittlerweile lernten wir auch ein paar andere Reisende kennen, so z.B. den jungen Italiener der von Basel bis nach Como fahren wird. Um halb zehn fielen wir todmüde ins Bett, bzw. ins Strohlager und erholten uns für die nächste Etappe.

Etappe 2
Strecke: Stüsslingen - Stans
Distanz: 92 km
Dauer: 4 Std. 50 Min.

Nach einem ausgiebigen Frühstück zog es uns bereits um 9 Uhr auf die nächste und längste Etappe der Tour. Zu Beginn stand eine herrliche Abfahrt durch den Wald nach Aarau an, um dann im flachen Suhrental, alles entlang der Suhre, mit zügigem Tempo immer Richtung Luzern zu fahren. Bis Sursee kamen wir gut vorwärts und legten hier dann eine längere Rast ein bei einer Bäckerei. Irgendwo zwischen Aarau und Sursee verabschiedete sich mein Hinterraddämpfer. Das Problem ist nicht neu, auch in der Trainingsphase geschah dies ab und zu. Beheben kann es nur ein Fachmann, allerdings ist es nicht zwingend notwendig. Die Federung des Hinterrads ist zwar dahin, dafür ist die Kraftübertragung etwas besser. Dies wird mir vor allem beim erklimmen der Pässe dann wieder nützlich sein. Bis es soweit war, spürte ich allerdings jede Unebenheit. Dafür zeigte sich das Wetter heute von der Sonnenseite, aber blieb trotzdem immer schön um die ca. 22 Grad. Erwähnenswert ist dies, weil der Wetterbericht eigentlich für die ganze Etappe Regen vorausgesagt hatte und wir uns entsprechend gerüstet hatten. Vier paar Regenhosen in meinem Rucksack und die Regenjacke um die Hüfte geschnallt waren wir heute unterwegs. Wie sich dann später herausstellte, wurde das zum Standardtenü. In Luzern kamen wir natürlich nicht umher, über die Kappellbrücke zu laufen und unsere Velos dabei zu stossen. Die Jungs wollten alles genau wissen wie das war mit dem Brand vor einigen Jahren. Noch heute sind verkohlte Balken gut sichtbar. Nach kurzer Rast zog es uns am KKL vorbei, alles dem See entlang bis nach Kastanienbaum. Erst hier kam der angekündigte Regen und zwang uns nun die Regenjacke und den Helmüberzug anzuziehen. Nach der Glasi Hergiswil, einem weiteren Touristenmekka, mussten wir einen Teil auf der 500m langen Pontonbrücke zurücklegen, welche seit dem Felssturz vom letzten Oktober die Orte Hergiswil und Stansstad verbindet. Nach fast fünf stündiger Fahrzeit erreichten wir unser Strohlager in Stans. Hier hiess uns die Familie Waser im schönsten Nidwalder Diitsch willkommen und zeigte das grosse Lager. Einige Pilger vom Jakobsweg waren auch bereits angekommen und so gab es einiges zu besprechen. Die Gelegenheit von Dusche und Waschmaschine nahmen wir hier gerne in Anspruch. Letzteres erledigte uns Frau Waser persönlich und erst noch unentgeltlich. Herzlichen Dank! Nach dieser langen Tagesetappe genossen wir noch ein paar feine Aelplermagronen im nahen Fernfahrer Restaurant und lagen bereits um 21 Uhr im Strohlager horizontal.

 

Etappe 3
Strecke: Stans - Erstfeld
Distanz: 47 km
Dauer: 2 Std. 22 Min.

Um halb acht weckte uns der Duft vom feinen Frühstücksbuffet, liebevoll von Frau Waser hergerichtet. Gestärkt und trotz ein paar Regentropfen zogen wir weiter nach Beckenried. Hier erwarteten wir die Fähre für die Überfahrt nach Gersau. Der Blick in den Himmel über dem Urnersee verhiess noch nichts Gutes. Es wird wohl noch etwas länger regnen. Zwar nicht stark aber eben doch. Die Axenstrasse ist für Velofahrer problemlos zu befahren. Zwar brausen hier Autos und Lastwagen vorbei, aber mit dem Velo kann die ganze Axenstrasse auf dem sicheren Trottoir-Radweg zurückgelegt werden. Für die Tunnelpassagen montierten wir zusätzlich noch ein rotes Blinklicht, obwohl das nicht wirklich nötig gewesen wäre. Tellskappelle und Tellsplatte liessen wir aus, aber das Denkmal in Altdorf wollten wir unbedingt sehen. Fast hätten wir es verpasst weil der Veloweg nicht direkt daran vorbei führt, aber wir kehrten rechtzeitig um. Ein netter Tourist machte für uns sogar ein Foto, damit wir alle vier auf dem Foto drauf sind. Auf dem Bielenhof in Erstfeld angekommen erwartete uns bereits die Familie Zgraggen. Der Bauernhof ist aufgrund eines schweren Arbeitsunfalls vor ein paar Jahren auf Dexterzucht umgestellt worden. Dass die Dexter zu der kleinsten Kuhrasse in der Schweiz gehören, stellten wir rasch fest. Sie sehen sehr friedlich aus, aber eben irgendwie wie ein Miniformat einer üblichen Kuh. Obwohl Strohlager gebucht, stand auch das Matratzenlager zur Verfügung. Wir nahmen dieses Angebot gerne an und genossen die Abwechslung. Ein feines Abendessen auf dem Hof rundete den Tag ab und wir lagen wieder einmal müde im Bett.

 

Etappe 4
Strecke: Erstfeld - Andermatt
Distanz: 30 km
Dauer: 2 Std. 29 Min.

Das Erwachen war heute etwas abprubt. Beim öffnen der Augen blickten wir direkt in einen toten Vogel. Die Hofkatze brachte uns nämlich zwei frisch gefangene Spatzen voller Stolz ins Bett. Alles wegschicken nützte nichts, sie kam immer wieder damit und wollte ihren morgendlichen Fang präsentieren. Nach dem reichhaltigen Frühstück zogen wir früh um 08:40 Uhr los, immer aufwärts Richtung Göschenen. Heute stand die erste Härteprüfung an. 1000 Höhenmeter bis Andermatt galt es zu überwinden. Bis Göschenen waren die Steigungen moderat, aber durch die Schöllenenschlucht zog es an. In mehreren Kehren windet sich die Strasse bis auf 1447m.ü.M. Für diese Knackknuss war ich soweit vorbereitet, dass ich davon ausging, dass wir einzelne Passagen zu Fuss zurücklegen müssten oder gar umkehren müssten. Beides ist nicht eingetroffen. Die ganze Strecke nahmen wir im Sattel und machten nur ein paar kurze Verschnaufpausen, alle paar hundert Höhenmeter. Nicht ganz eine Stunde benötigten wir für den Aufstieg ab Göschenen und waren ehrlich gesagt, fast ein wenig enttäuscht, dass es nicht schlimmer war. Wir alle hatten es uns schlimmer vorgestellt, aber das ist ja auch gut so. Während der Verpflegungsrast im Bahnhofsrestaurant bestaunten wir die ankommenden Japaner, welche in grossen Scharen mit dem Zug ankamen. Just in dem Moment als der Glacierexpress nach Andermatt den Hang runter fährt, zücken sie alle ihre Kameras und brachen in Hektik aus. Nach unserem Aufbruch zum Pferdestall mit unserem Strohlager kamen Regenwolken nach Andermatt rauf und leerten sich für den Rest des Tages. Herr Christen unser Vermieter in Andermatt erwartete uns bereits mit unserem Koffer und begrüsste uns herzlich. Mit aller Ruhe erklärte uns der pensionierte Pferdebesitzer dies und jenes zu Andermatt und beantwortete laufend unsere vielen Fragen. Zusammen mit seiner Frau betreibt er das "schlafen im Stroh" im Pferdestall und kümmert sich hervorragend um seine Gäste. Etwas später kam er vom zur Zeit laufenden Freilichtspiel Suworow zurück und spannte sein Pferd vom Wagen aus. Wir hätten ihn fast nicht mehr erkannt, denn er war geschminkt und verkleidet als russischer Offizier aus dem 18. Jahrhundert. Halt eben so, wie die Armee von General Suworow, damals auf seinem Feldzug durch die Schweiz im Urserntal gegen die Franzosen kämpfte.

 

Etappe 5
Strecke: Andermatt - Lavorgo
Distanz: 51 km
Dauer: 2 Std. 31 Min.

Früh morgens setzte wieder der Regen ein und liess erst nach dem Frühstück gegen um 9 Uhr wieder etwas nach. Wir machten uns auf um die zweite Härteprüfung anzupacken. Für heute standen nochmals 600 Höhenmeter auf dem Programm bis wir den Gotthardpass erreichen. Bis nach Hospenthal regnete es noch, dann liess der Regen nach. Bis zum Ospizio konnten wir nun ohne Regenanzug fahren, die letzten paar Regentropfen steckten wir einfach weg. Zu gross war die Freude, den "Heartbreak Hill" auf 2108m.ü.M. erreicht zu haben. Als wir beim Ospizio vorfuhren, klatschten ein paar Touristen und riefen den Jungs "Bravo" zu. Das hatten sie nach dieser riesigen Leistung wirklich verdient. Von Andermatt bis zum Ospizio benötigten wir genau 1 Std. 16 Min. und fuhren die 12 km durchschnittlich mit 9.6 km/h. Nach einer Tee-Pause im Ospizio sausten wir die Tremola hinunter. Mittlerweile dominierte auf der Südseite die Sonne und die Tremola war trocken. Jeden Meter genossen wir und hatten auf den geraden Strecken richtig Tempo drauf. Mein Velocomputer misste die Maximalgeschwindigkeit von 69.8 km/h. In Airola wurden wir bereits von Opa und Oma erwartet und zur Verpflegungspause eingeladen. Die restliche Fahrt durch die Leventina bis nach Lavorgo war ein weiterer Genuss. Permanentes Gefälle bis zum Etappenziel, dem Hotel Defanti. Das Hotel ist offenbar bestens bekannt bei den Holländern, sie machten hier reihenweise Halt auf ihrem Weg in die Ferien im Süden.

 

Etappe 6
Strecke: Lavorgo - Lugano
Distanz: 77 km
Dauer: 3 Std. 45 Min.

Die letzte Etappe ist immer die Härteste, die Beine sind langsam schwer, die Oberschenkel schmerzen und das Endziel kommt einfach nicht näher. Wir kennen das von unserer Tour im 2008. Vor unserer Weiterfahrt um halb neun brachten wir noch schnell den Koffer auf die Post, damit der wieder rechtzeitig zu Hause ist. Vor uns standen nun nochmals einige schöne Kilometer durch die Leventina, bis kurz vor Lugano mit Gefälle. Dies und der leichte Rückenwind liess uns den ersten Teil mit rund 40 km/h locker angehen. Den ersten Halt machten wir erst 90 Min. später in Bellinzona, um uns kurz zu verpflegen. Noch einmal mussten wir kräftig in die Pedalen treten, um die 330 Höhenmeter des Monte Ceneri zu überwinden. Die Strecke wird von einigen Autofahrern als vermeindliche Rennstrecke benutzt, dennoch ist es für Velofahrer gut zu machen. Es stand uns ein recht breiter Veloweg auf einer sehr breiten Fahrspur zur Verfügung. Ab hier spürten wir die Vorzüge des Tessins, mittlerweile wurde es 30 Grad heiss, doch uns trennten nur noch wenige Kilometer bis zum Bahnhof von Lugano. Eigentlich hätten wir hier gerne noch etwas länger ausgespannt, aber da nur alle 2 Stunden ein Zug mit Veloverlad nach Zürich fährt, mussten wir rasch verladen. Aber nach 350 km Anstrengung kommt man auch gerne nach Hause.

 

Fazit
Wie meine Jungs diese Velotour anpackten und fleissig jede Herausforderung meisterten, ist eine grosse Leistung. Keiner dachte ans aufgeben oder ans absteigen. Mit grossem Selbstvertrauen und Kondition legten sie die 350 km und 3600 Höhenmeter zurück. Uns allen bleibt ein eindrückliches und nicht alltägliches Erlebnis, den Sieg über uns selbst und eine nationale Veloroute mehr auf dem Palmares. Nach der Veloroute Nr. 5 von Romanshorn bis Lausanne, haben wir nun die Schweiz auch in die andere Richtung durchquert.

Die Streckenwahl und Wegmarkierung durch "Veloland" war genial und führte meistens durch offenes Gelände mit viel Aussicht. Auch der Gepäcktransport durch "Swiss Trails" funktionierte reibungslos und erleichterte uns die Tour erheblich.

Die nächsten Tage gehören nun der Erholung und Entspannung. Das Velo steht in der Garage und abgesehen von einer Reinigung, wird es wohl die nächste Woche nicht beansprucht.

 

 

 

 

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